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Published 29. März 2024

– Bauhaus-Biomasse –

Ich erinnere mich noch genau, wie erstaunt ich war, als ich das erste Mal die Website der Carbonauten sah. Sehr ästhetische Schwarz-Weiß-Fotos, eine ausgewählte Typographie und ein Layout im klassischen Bauhaus-Stil, dazu feine isometrische Illustrationen und Infografiken. Dann standen dort noch so eingängige Wortschöpfungen wie „the minus CO2 factory“ oder so unmissverständliche Navigationspunkte wie „Fuck CO2“. Das gefiel mir irgendwie. Besonders der Kontrast zwischen der sehr schönen Gestaltung und dem sehr technischen Thema zog mich an, denn inhaltlich geht es bei den Carbonauten (was für ein geiles Wort auch) darum, wie man aus Holzresten so etwas wie Grillkohle machen kann, auch Biokohlenstoff genannt.

– Verbrennen ohne Luftzufuhr –

Das „Fuck CO2“-Label bekommt diese (Achtung!) pyrolytische Karbonisierungstechnologie im Batch-Retorten-Verfahren dadurch, dass wir damit große Mengen CO2 aus der Atmosphäre rausholen können.
Hinter den Carbonauten steht Torsten Becker (Co-Gründer und Geschäftsführer), ein gestandener Industriedesigner in bester Bauhaus-Tradition. Er will das Verfahren der pyrolytischen Karbonisierung („Verbrennen ohne Luftzufuhr“), das letztlich zurückgeht auf die mittelalterliche Köhlerei, systematisch groß, industriell und günstig machen. Voraussetzung: die Idee wird nicht tot-reguliert, wozu wir Deutschen ja leicht neigen.

– Eine MinusCO2-Produktwelt –

Seine Vision sind preiswerte und massenhaft eingesetzte Kunststoffe, Düngemittel, Baumaterialien, … aus Biokohle, die ordentlich CO2 gespeichert haben. Wir bauen das CO2 im wahrsten Sinne des Wortes in unsere kapitalistische Produkt- und Wachstumsmaschine ein („mehr Wachstum, weniger CO2). Dann gibt es das „MinusCO2-Haus“, die „MinusCO2-Straße“ oder das „MinusCO2-Ikea-Regal“. Achso und nebenbei sozusagen entsteht bei der Herstellung von Biokohle auch noch CO2-freie Energie, die als Prozess- oder Fernwärme genutzt werden kann.

Ich versuche, in dieser Folge viel zuzuhören und zu verstehen, was nicht einfach ist, wenn man sich wie ich bislang nix aus Biomasse und Industrietechnik gemacht hat. Aber Torsten gibt sein Bestes, hört selbst. Eine Frage geht mir allerdings bis heute nicht aus dem Kopf: „Wenn das alles so weltrettend genial ist, warum hört man davon so wenig?“ Liegt es an meiner Bubble, an mächtigen Interessensgruppen oder einfach an unserer deutschen Misstrauenskultur (too good, to be true)?

Viel Freude und ein paar Oho-Aha-Momente beim Hören!

4 Kommentare

  1. Herbert Krack Herbert Krack

    Hallo Herr Becker,
    ich habe den Beitrag im TV 16.03.23. gehört, ihre Ausführungen waren sehr informativ und äußerst spannend. Herr Becker wir prodozieren seit 10 Jahren Kohle aus nachwachsenden Rohstoffen ( Straßenbegleitgrün, Waldrestholz ) also kein Industrieholz. Unsere Kohle hat einen sehr hohen Cfix Anteil von ca.80-90%. Wir sind ein Bioenergiedorf das aus Hackschnitzel Strom erzeugt. wir vergasen die Holzhackschnitzel, wir würden uns sehr freuen wenn wir mit Ihnen in Kontakt kämen um unser Naturprodukt sinnvoll in Zement oder ähnlichen Baustoffen wiederfinden können. Gerne rufen sie mich hierzu mal an. Unsere Website ist nicht mehr aktiv wegen Drohungen der Giganten ( BASF und K+S ) Meine Tel Nr. 0178 3705507

  2. Winfried Hartwig Winfried Hartwig

    Kann man diese Pyrolyse-Anlage an einen bestehenden Wertstoffhof anschließen und kombiniert ein Fernwärmenetz für die Gemeinden aufbauen, damit nicht jedes Haus einzeln mit Wärmepumpen ausgestattet werden muss?
    Wie muss die Anlage skaliert werden, wenn zum Beispiel im 1.Schritt 1. 000 Haushalte (oder auch 3.000 Haushalte? ) versorgt werden können sollen.
    Bevor jeder Haushalt mit ca. 30 T€ Investition in den nächsten 0-15 Jahren rechnen muss, könnte man auch ca. 30 Mio € Euro für in eine Anlage investieren, die mit Sicherheit in den Wartungs- und Erneuerung-Kosten auf lange Sicht günstiger im Preis UND für die Umwelt ist.
    Dann würde ich lieber als Eigentümer meiner 30-50 T€ pro 15-25 Jahre Heizung in ein Fernwärmenetz investieren,

    Beispielprojekt:
    Gemeinde : Flörsheim Wertstoff-Wicker mit
    mit ca. 20. 000 Einwohnern,
    ca. 7.000 Haushalte
    Main-Taunus-Kreis / Hessen

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