– Wie würde das Silicon Valley ein Stadtwerk bauen? –
Mich hat es lange begeistert, was technologisch und kulturell aus dem Silicon Valley zu uns nach Europa kam: große Probleme mit großem Denken und mit überlegender (Software-)Technologien lösen. Dabei sehr schnell sein, oft auch radikal („move fast and break things“) und durch exponentielles Wachstum in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Menschen erreichen.
(Was mich persönlich heute nervt an den inzwischen übergroß gewordenen Tech-Giganten aus dem Valley ist, dass sie ihre überwältigende Marktmacht nicht so konsequent nutzen, wie sie es meiner Meinung nach könnten, um die mittlerweile doch noch wesentlich größer gewordenen Welt-Probleme im Gemeinwohl aller anzugehen, … aber anderes Thema.)
Nun hege und pflege ich schon lange das Gedankenexperiment, wie wohl so ein deutsches Stadtwerk aussehen würde, das mit diesem Moonshot-Mindset des Silicon Valley gebaut wurde. Oder wie würden Menschen aus dieser Welt ein solches Stadtwerk führen? Was würden sie anders machen, wie weit würden sie mit ihren Ansätzen und Ideen in einem kommunalen Umfeld wohl kommen? Mit Hans-Martin Hellebrand, Vorstand bei der badenova habe ich so einen Menschen gefunden. Er wurde wie einst Christoph Kolumbus von RWE für eine längere Zeit samt Familie in die USA geschickt, um dort im Silicon Valley die neue Energiewelt zu suchen. Heute versucht er, die badenova aus Freiburg in die neue Energiewelt zu führen.
– Dreh- und Angelpunkt Klimawandel & Klimawende –
Eingestiegen in unser Gespräch sind wir mit Fragen rund um den Klimawandel (ich habe mir vorgenommen, jetzt immer mit diesem existenziellen Thema zu starten). Also, wo stehen wir aktuell aus seiner Sicht bei den Bemühungen die Klimakatastrophe zu verhindern? Wie stark bestimmt es seinen privaten und beruflichen Alltag? Welche Verantwortung haben Stadtwerke? An welchen Fäden zieht oder bremst im Hintergrund die Fossillobby?
Natürlich wollte ich dann auch wissen, was sich die badenova konkret vorgenommen hat, um unseren Planeten zu retten. Große Frage, einfache Antwort: sie wollen die Energiewende zu Hause ermöglichen. Das größte Problem aus Sicht ihrer Kundinnen und Kunden sei dabei, dass keiner sie umfassend berät und auf ihrem Weg in eine emissionsfreie Energie- und Wärmewelt begleite.
– Plattform-Geschäft als Moonshot-Projekt –
So und jetzt sind wir wieder bei der berühmten Buchtitel: „Was würde Google tun?“ Was würde jemand tun, der aus dem Valley kommt? Es liegt auf der Hand. Er oder sie baut eine digitale Plattform, einen Marktplatz, ein Ökosystem, wo alles zusammenkommt. Verunsicherte Haushalte auf der Suche nach Beratung und Umsetzung, vertrauensvolle, regionale Partner und Handwerksbetriebe, die genau das können und wollen. Alles von der badenova so orchestriert und vom Anfang bis zum Ende gedacht, dass für alle Nutzer:innen ein einmaliges Kundenerlebnis entsteht.
Jetzt wissen wir von eBay, AirBnB und anderen großen E-Commerce-Plattformen, dass deren Aufbau und (weltweite) Vermarktung unvorstellbar viel Geld und Zeit fressen kann. Daher meine Frage an Hans-Martin: kann sich ein kommunaler Player wie die nicht kleine badenova so etwas leisten? Und schwächen zu viele finanziell getriggerte Kompromisse bei der Ausgestaltung die eigentliche Plattform-Idee? Sind die entstehenden Netzwerkeffekte stark genug? Sind Clean-Tech-Unternehmen wie 1KOMMA5, Sonnen oder Enpal mit ihren Investoren-Millionen und -Milliarden nicht klar und unerreichbar im Vorteil? Reicht der lokale, regionale Stadtwerke-Vorteil, um das auszugleichen? Oder fehlt mir da jetzt etwa die Moonshot-Denke, die ich früher immer so bewundert habe?
Was Hans-Martin jedenfalls nicht fehlt, um seine Vision Wirklichkeit werden zu lassen, ist diese unerschütterliche (im positivsten Sinne naive) Begeisterung und unbändige Energie, wie man sie sonst von jungen Gründer:innen kennt, die gerade ihr erstes Start-up gestartet haben. Und vielleicht ist es auch genau das die Art und Weise, wie ein Stadtwerk aus dem Valley heute aussehen würde?
Viel Spaß beim Hören!